Chitosan in Polymer-basierten Nanopartikeln zum Wirkstofftransport ins Auge
Augenerkrankungen sind durch natürliche Faktoren wie der Blut-Augen-Barriere, Hornhaut oder dem Tränenfilm schwer zu behandeln. Helfen können dort polymerbasierte Nanopartikel u.a. aus Chitosan um den Wirkstofftransport zu verbessern. In diesem Artikel wollen wir Ihnen ein Review zu diesem Thema zusammenfassen.
Haijie Han, Su Li, Mingyu Xu, Yueyang Zhong, Wenjie Fan, Jingwei Xu, Tinglian Zhou, Jian Ji, Juan Ye, Ke Yao, Polymer- and lipid-based nanocarriers for ocular drug delivery: Current status and future perspectives, Advanced Drug Delivery Reviews, Volume 196, 2023, 114770, ISSN 0169-409X, https://doi.org/10.1016/j.addr.2023.114770.
Augenkrankheiten beeinträchtigen Sehfähigkeit und Lebensqualität von ca. 250 Millionen Menschen weltweit. Durch den steigenden Altersdurchschnitt der Bevölkerung und ein gleichzeitiges Bevölkerungswachstum in den ärmeren Regionen der Erde könnte die Zahl der blinden Menschen von ca. 43,3 Millionen auf 115 Millionen Menschen im Jahr 2050 steigen.
Zur Behandlung von Augenkrankheiten stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung wie eine chirurgische, Laser oder medikamentöse Behandlung. Die häufigste Therapie ist dabei die Verabreichung von Medikamenten. Durch die natürlichen Barrieren im Auge wie z.B. dem Tränenfilm, der Hornhaut, der Barriere des vorderen Segmentes oder der Blut-Augen-Barriere kommt es nur zu einer geringen Akkumulation des Wirkstoffes, einer unzureichenden Bioverfügbarkeit und einer kurzen Verweildauer im Auge. Verbessern könnten das geeignete Wirkstofftransportsysteme. Neben Lipidbasierten Nanoträgern (LNCs), sind ebenfalls polymerbasierte Wirkstoffträger (PNCs) vielversprechend. Beide verbessern die Penetration, Retention und Löslichkeit des Wirkstoffs, verringern die Toxizität, verlängern die Freisetzung und ermöglichen eine gezielte Abgabe des Arzneimittels. Während LNCs gute physiologische Eigenschaften besitzen sowie einfach herzustellen sind, können PNCs spezifisch modifiziert werden, wodurch die Partikeleigenschaften gezielt kontrolliert werden können. Zu den PNCs gehören auch Chitosan-basierte Wirkstofftransportsysteme.
In diesem Artikel wollen wir Ihnen einen Überblick über die in dem Review beschriebenen aktuellen Entwicklungen im Bereich Wirkstoffstofftransport zum Auge mit Chitosan geben.
Chitosane zur Behandlung von Hornhaut-Neovaskularisierung (CNV):
VEGFs sind kritische Mediatoren der Vaskulogenese und Angiogenese und gelten als Hauptursache für verschiedene Augenerkrankungen und die Entstehung von Tumoren. Die Hornhaut ist ein avaskuläres und transparentes Augengewebe ohne Kapillar- und Gefäßdurchlässigkeit. Dieses wird durch verschiedene angiogene und antiangiogene Faktoren aufrechterhalten. Bei einem Ungleichgewicht dieser z.B. durch VEGFs, kann es dabei zu einer sogenannten Neovaskularisierung der Hornhaut (CNV) kommen. Einige PNCs wie zum Beispiel Chitosan besitzen intrinsische VEGF-hemmende Eigenschaften. Zahir-Jouzdani et al. [1] entwarfen zum Beispiel ein thioliertes Derivat von Chitosan-Nanopartikeln, dass aufgrund der hohen Mucoadhäsionsfähigkeit der Thiolgruppe eine längere Retentionszeit und eine deutlichere therapeutische Wirkung im Vergleich zu herkömmlichen Nanopartikeln aufweist.
Chitosane zur Behandlung des trockenen Augensyndroms (DED):
DED ist eine multifaktorielle Augenoberflächenerkrankung bei der das Gleichgewicht des Tränenfilms gestört ist. Dadurch kommt es zu einem Kreislauf aus Entzündung der Augenoberfläche, Instabilität des Tränenfilms und Hyperosmolarität, der zu einer Schädigung der Augenoberfläche führt. Die Pathogenese ist bisher noch nicht vollständig geklärt, allerdings wird davon ausgegangen, dass Entzündungen auch hier eine entscheidende Rolle spielen. Um das Fortschreiten der Entzündung zu verhindern, können nicht-steroide entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen eingesetzt werden. Da Ibuprofen nur schlecht wasserlöslich ist, werden geeignete Wirkstofftransportsysteme benötigt, damit dieses seine optimale Wirkung entfalten kann. Dukovski et al. [2] schlug eine funktionelle kationische Ibuprofen-Nanoemulsion mit Chitosan als kationischem Wirkstoff und Lecithin als anionischem Tensid vor. Dieses ermöglicht das Einschließen von Chitosan um die Löslichkeit des Medikaments zu verbessern, die Verweildauer auf der Augenoberfläche zu erhöhen und stabilisiert den Tränenfilm für eine wirksame Behandlung von leichtem bis mittelschwerem DED.
Chitosan zur Behandlung grauen Star:
Der graue Star ist weltweit die Erkrankung, die am häufigsten zur Erblindung führt. Gründe für den grauen Star sind z.B. Alter, systemische Krankheiten, Traumata oder medikamentöse Veränderungen. Die bisher wirksamste Behandlung ist nach wie vor ein chirurgischer Eingriff bei dem die getrübte Linse entfernt und eine neue künstliche Linse eingesetzt wird. Es gibt aber auch neue medikamentöse Ansätze, die das Auftreten von grauem Star verhindern bzw. zumindest verzögern sollen. Viele natürliche und synthetische antioxidative Wirkstoffe, darunter Coenzym Q10, Curcumin, Resveratrol und Lutein, sind in der Lage, oxidativen Stress zu mindern und Linsenschäden zu verhindern. Mit Chitosan modifizierte Liposomen, die Coenzym Q10 enthalten, verlängerten die Verweildauer des Medikaments in der Linse um das 4,8-fache [3].
Bei dem Einsetzen einer neuen Linse tritt häufig eine sogenannte postoperative Kapseltrübung (PCO) auf (Erwachsene 20-40 %, Kinder 100 %) durch die Proliferation der verbliebenen Linsenepithelzellen (LECs). PCO kann durch Hemmung der Proliferation von LECs z.B. durch Medikamente wie Doxorubicin (DOX) oder 5-Fluorouracil aufgeschoben bzw. verhindert werden. Dabei können beispielsweise Intraokularlinsen (IOL) helfen, die mit DOX beladene Chitosan-Nanopartikel bestückt sind. Diese verbesserten die Biokompatibilität und Wirksamkeit, sowie wiesen signifikante Anti-Adhäsions- und Anti-Proliferations-Eigenschaften auf [4]. Ein anderer Ansatz ist das Einkapseln von 5-Fluorouracil in Chitosan-Nanopartikeln, um ein System für die kontrollierte und anhaltende Freisetzung zu entwickeln. Werden diese in IOLs eingesetzt, konnte gezeigt werden, dass die Proliferation von LECs unterdrückt wurde [5].
Chitosan zur Behandlung von Netzhaut-Gefäßerkrankungen:
Netzhauterkrankungen wie retinale Neovakularisierung (RNV) führen zum abnormen Wachstum bereits bestehender Blutgefäße. Dieser pathologische Prozess ist zum Beispiel als klinische Manifestation von einer altersbezogenen Makuladegeneration (AMD) oder der diabetischen Retinopathie (DR) zu finden. Während AMD als Hauptursache für den Sehverlust im Alter gilt, ist DR der häufigste Grund für Erblindung im erwerbsfähigen Alter. Die meisten retinalen Erkrankungen teilen sich ähnliche Wirkstoffe und Behandlungsmethoden wie VEGF-Hemmer oder Kortikosteroide. Allerdings sind bei all diesen Methoden ein schlechter retinaler Transport oder eine zu geringe Wirkstoffkonzentrationen bestehende Herausforderungen, die mit Hilfe von Nanocarrieren bewältigt werden könnten.
Um die Wirksamkeit der Verabreichung zu erhöhen und das Freisetzungsprofil zu verlängern, wurde in einer Studie Chitosan in PGLA-Nanopartikeln verwendet, um die Wirkstoffnutzlast zu verbessern und eine verlängerte Wirkstofffreisetzung und Oberflächenretention zu erreichen. Die mit Chitosan beschichtete PLGA-Nanopartikel ermöglichten eine subkonjunktivale Verabreichung von Bevacizumab und verbesserten die Durchlässigkeit durch die elektrostatische Wechselwirkung zwischen positiv geladenem Chitosan und negativ geladener Augenoberfläche [6]. Darüber hinaus zeigte Chitosan-Nacetyl-l-Cystein (CNAC), ein Derivat von Chitosan, stärkere mukoadhäsive Eigenschaften, indem es starke Disulfidbindungen mit cysteinreichen Domänen der Schleimglykoproteine mit zusätzlichem Nacetyl-l-Cystein (NAC) bildete, was zu verbesserten mukoadhäsiven Eigenschaften führte [7].
Literatur:
chitosan, Chitosan-Nanopartikel, Wirkstofftransport, Auge, Augenheilkunde